Wie schreibe ich eine Bildanalyse?
Der folgende Artikel gibt eine Übersicht über den typischen Aufbau einer Bildanalyse und zeigt etappenweise auf, welche formalen Gesichtspunkte eingehalten werden müssen. Überdies gibt es einige praktische Tipps hinsichtlich von Gliederung und Formulierung sowie Hinweise auf mögliche Fehlerquellen.
Bildanalysen sind nicht wie vielleicht vermutet eine rein auf den Kunstunterricht bezogene "Disziplin". Auch im Rahmen von Geschichts-, Englisch- und Deutschunterricht können Bildanalysen durchaus abverlangt werden. In jedem Fach liegen die Anforderungen und damit auch der Schwerpunkt des Hauptteils punktuell verschieden. Während im Kunstunterricht vor allem die Analyse der Komposition (Perspektive, Raum, Farbe, Technik ...) im Mittelpunkt steht, legt man bei einer Bildanalyse in den anderen drei Fächern den Blick mehr auf Bildbeschreibung und Interpretation. Trotz alledem darf jedoch auch hier nicht gänzlich auf die Analyse verzichtet werden werden.
Was die Gliederung der Bildanalyse betrifft, so bestehen unzählige Möglichkeiten vorzugehen. Im Zweifel ist immer der vom Lehrer/Dozent vorgeschlagene Aufbau zu wählen. Das folgende Beispiel ist daher nur als eine Variante von vielen anzusehen und kann eine Hilfe sein.
Aufbau Bildanalyse:
1.) Allgemeines zum Bild:
- Künstler/Urheber
- Titel
- Entstehungszeitraum
- Zeitpunkt der Veröffentlichung
- Aktueller Ausstellungsort
- Stilrichtung (Kunstepoche: z.B. Barock oder Impressionismus)
- Bildformat
- Bildgattung (Landschaftsmalerei, Portrait, Historienmalerei, Genremalerei, Stilleben)
- Mal- bzw. Zeichentechnik (Acrylmalerei, Radierung, Ölmalerei, Bleistiftzeichnung usw.)
- Sujet (Thema bzw. Motiv des Bildes)
2.) Bildbeschreibung (rein deskriptiv!):
Bildmotiv- Was ist auf dem Bild dargestellt?
Bildaufbau
- Vordergrund
- Mittelgrund
- Hintergrund
3.) Bildanalyse:
Komposition- Perspektive und Raum (Frosch-, Vogel- oder Zentralperspektive)
- Linien (gerade/ungerade, sichtbar/unsichtbar, senkrecht/wagerecht)
- Flächen (Wie ordnen sich die einzelnen Bildflächen an?)
- Symmetrie/Asymmetrie (Stehen die Bildelemente harmonisch/dysharmonisch zueinander?)
- Licht und Schatten (z.B. Richtung der Belichtung)
- Proportionen (Goldener Schnitt, Triangulatur, Kanon usw.)
- Farbe (Farbkontraste, Farbschwerpunkte, Farbton)
4.) Bildinterpretation:
- Symbolik (Ikonographie) erkennen, deuten und interpretieren
- Bezug zur Epoche herstellen (Was ist typisch/untypisch am Bild?)
- Bezug zum Künstler herstellen (z.B. unter welchen Umständen wurde das Bild gemalt?)
- Eigene Ansätze zur eventuellen Aussage des Bildes und Intention des Künstlers
- Subjektive Wirkung auf den Betrachter (nicht zwingend notwendig)
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Bildanalyse schreiben
Der Begriff Bildanalyse an sich mag etwas irreführend sein, denn rein begrifflich handelt es sich bei der
"Bildanalyse" nur um einen Unterpunkt im gesamten Ablauf des Aufsatzes. Nebenbei gibt es noch die Bildbeschreibung
und die Bildinterpretation, welche einen ebenso gleichwertigen Teil darstellen.
Vor Beginn der Bildanalyse empfiehlt es sich immer Notizen zu machen. Dazu schreibt man sämtliche
Assoziationen die einem selbst in den ersten fünf Minuten (oder später) beim Betrachten einfallen, auf ein
zusätzliches Blatt. Auf diese Weise können Ideen (z.B. für die Interpretation) oder besondere Beobachtungen
festgehalten werden und später in den Aufsatz einfließen.
Die Einleitung der Bildanalyse handelt zunächst alle Formalitäten ab. Gewissermaßen können die W-Fragen als
nützliche Gedächtnisstütze dienen:
Wer? (Künstler)
Was? (Titel, Bildgattung, Sujet)
Wie? (Mal- bzw. Zeichentechnik, Bildformat)
Wo? (Ausstellungsort)
Wann? (Entstehungszeitraum, Veröffentlichung, Epoche
Allerdings sollten diese Kerndaten dann auch logisch sinnvoll geordnet werden. Doch vermutlich erhält man
nur in den seltensten Fällen einer Klausur derart viele Informationen. Dann gilt es alles niederzuschreiben,
was das Bild und die Beschriftung hergibt.
Möglich wären auch noch einzelne kurze Anmerkungen zum Künstler und der Entstehungsgeschichte des Bildes (z.B.
Ursache für die Anfertigung), sofern man über das entsprechende Hintergrundwissen verfügt. Alles in allem kann
dieser Aufgabenteil etwas mehr als eine halbe DinA4 Seite in Anspruch nehmen.
Nach den Formalitäten beginnt man sogleich mit der Bildbeschreibung. Ganz wichtig: Die Bildbeschreibung darf
nicht schon teilweise in der Einleitung erfolgen, da die Klausur ansonsten an Struktur verliert. Deshalb nach
der umfassenden Einleitung mit allen Fakten mindestens eine, besser zwei Zeilen freilassen.
Innerhalb der Bildanalyse nimmt die Bildbeschreibung einen nicht unwichtigen Teil ein, den man auch von der
Bildinterpretation klar trennen muss. Im Verlaufe der Beschreibung beschränkt man sich daher nur auf die Darstellung
des Bildes. Der Unterschied zwischen reiner Beschreibung und Interpretation ist eigentlich ganz einfach: Alles was
nicht selbst auf dem Bild zu erkennen ist, gehört auch nicht in diesen Abschnitt.
Der Einfachheit kann die Bildbeschreibung nach Vorder-, Mittel und Hintergrund gegliedert werden. Und das sollte
im Text dann in jedem Fall auch so benannt werden (Bsp. "Im Vordergrund befindet sich ..."; "Der Hintergrund zeigt..." usw.).
Diese Unterteilung verleiht dem Text und deiner Vorgehensweise sofort Struktur.
Nach vollständiger Bildbeschreibung beginnt die eigentliche Bildanalyse. In Klausuren mit Fachhintergrund
Kunst liegt hier meist der Schwerpunkt. Als möglichen Analysegegenstand gibt es eine Reihe von Möglichkeiten:
u.a. Perspektive, Raum, Linien, Flächen, Symmetrien, Licht, Schatten oder Farbe. Welche dieser Themen Teil der
Bildanalyse werden sollen, kann von Bild zu Bild sehr unterschiedlich sein. Eine Schwarz-Weiß-Zeichnung gibt z.B.
nur sehr wenig zum Thema Farbe her, dafür aber viel zur Linienführung. Im Regelfall merkt man sehr schnell intuitiv,
worüber es sich zu schreiben lohnt.
Manche Themen, z.B. Perspektive oder Farbe lassen sich eigentlich fast immer ansprechen und müssen - wenn auch
manchmal kurz - zumindest erwähnt werden.
Den letzten Teilschritt der Bildanalyse stellt die Bildinterpretation dar. Das ist vermutlich die
schwierigste Aufgabe, denn sie lässt sich ohne Vorwissen kaum bewältigen. Während die Analyse noch sehr auf das
Bild an sich bezogen ist, erfordert die Interpretation externe Sachverhalte mit dem Bild in Beziehung zu setzen.
Biographisches oder historisches Wissen zum Autor bzw. zur Zeit der Entstehung können hierbei mit dem Bild verknüpft werden.
Beispielsweise der Vergleich von typischen Merkmalen der jeweiligen Kunstepoche mit dem Bild (Ist das Bild typisch für seine
Epoche? Wenn ja, wieso? Wenn nein, wodurch grenzt sich das Bild ab?)
Ferner muss die Bildinterpretation mit den beiden vorherigen Teilaufgaben verknüpft werden. Denn
auch Analyseergebnisse eignen sich zur Interpretation. Das folgende Beispiel zeigt wie eng die einzelnen
Teilaufgaben miteinander verzahnt sind:
"Das Bild zeigt eine blaue Blume" (Bildbeschreibung)
"Blautöne überwiegen im Bild" (Bildanalyse)
"Die Farbe blau symbolisiert in der Epoche der Romantik die Sehnsucht" (Bildinterpretation)
Falls es die Zeit in der Klausur noch zulässt, können zuletzt auch subjektive Wertungen in die Interpretation
Eingang finden. Natürlich fließt bereits in der Bildinterpretation ein gewisses Maß an Subjektivität mit ein, jedoch mehr
aus dem Standpunkt eines allgemeinen Betrachters, statt der persönlichen Meinung.
Damit der Aufsatz nicht abrupt endet, empfiehlt sich zur Abrundung der Bildanalyse ein passender Schluss, exemplarisch
könnte auf die Bedeutung des Bildes für die Epoche hingewiesen-, oder ein etwaiger Ausblick auf die Entwicklung des
Künstlers gegeben werden. Insofern sind den Möglichkeiten des Schlussteils keine Grenzen gesetzt.
Tipps für Bildanalysen:
Mache dir bevor du mit dem Schreiben anfängst Notizen zum ersten Eindruck!
Gliedere deinen Aufsatz in Einleitung, Bildbeschreibung, Bildanalyse und Bildinterpretation!
Beantworte in der Einleitung die W-Fragen: Wer? Was? Wann? Wo? Wie?
Gehe bei der Bildbeschreibung differenziert vor: z.B. Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund.
Richte dich immer nach den Vorgaben deines Lehrers!
Interpretiere in Bezug auf die jeweilige Kunstepoche (Impressionismus, Expressionismus, Kubismus ...)!
Eigene Meinung erst ganz zum Schluss!